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Der Neubau des Erdmännchen-Geheges auf dem Mundenhof wurde heute eröffnet. Auch die Strauße haben einen neuen Stall
Raufen, schnaufen, laufen, linsen: Erdmännchen haben immer zu den Publikumslieblingen auf dem Mundenhof gezählt. Nachdem das letzte seiner Art im Dezember 2020 an einen anderen Zoo abgegeben worden war, konnte der Mundenhof mit dem ambitionierten Neubau des Erdmännchen-Geheges und dem Umbau des benachbarten Straußenstalls beginnen. Beides ist nun fertig und wurde heute feierlich eröffnet.
Fragt man die Besucherinnen und Besucher des Mundenhofs nach ihren Wunschtieren für den Tierpark, stehen die ...
Erdmännchen auf Platz 1 (Quelle: Publikumsbefragung 2023). Seit 1999 war eine Gruppe der geselligen Tiere auf dem Hof heimisch. Da es aber in die Jahre gekommen war und umgestaltet werden sollte, blieb das Gehege der Suricata suricatta mit der Abgabe des letzten Erdmanns ab Dezember 2020 vorerst leer. Zeitgleich verstarb der letzte, uralte Uhu – und plötzlich war auch das Nachbar-Gehege verwaist. Von der Haltung neuer Uhus nahm der Mundenhof schnell Abstand. Volieren auf dem begrenzten Raum im Innenbereich sind mit den hohen Standards, die der Tierpark sich im Rahmen der artgerechten Tierhaltung selber setzt, kaum zu vereinbaren.
Stattdessen erkannte das Team des Mundenhof die Gelegenheit, den Erdmännchen ein ganz neues Gehege zu gestalten – tiergerechter, tierpflegerfreundlicher und auch für das Publikum ansprechender. Auch der gut 50 Jahre alte Straußenstall, deutlich zu zugig, viel zu klein, entsprach nicht mehr den neuesten Standards. So fiel die Entscheidung, einen neuen „Stall“ für gleich zwei Tierarten zu bauen. Strauße und Erdmännchen kennen sich ja aus ihrem natürlichen Lebensraum, z.B. der Kalahari im südlichen Afrika, wo sie passabel miteinander auskommen. Eine Unterbringung im gleichen Gebäude, natürlich getrennt voneinander, lag daher nahe. Der Vorschlag, aus dem alten Uhu-Gebäude einen neuen Stall für zwei Tierarten zu errichten, kam dabei aus dem Team der Tierpflegekräfte. Damit konnten die damaligen Azubis, mittlerweile Teil des festangestellten Teams, die komplette Mannschaft überzeugen. Die ersten Entwürfe entstanden bereits Ende 2020.
Spannend wurde das Erstellen zweier Anforderungslisten. Erdmännchen brauchen ein Außengehege mit Rückzugsflächen und vielen Grabmöglichkeiten, aber auch ein großes, beheiztes Innengehege für schlechtes Wetter und kalte Monate. In ihrem getrennten Arbeitsbereich müssen TierpflegerInnen in der Lage sein, die Tiere mit wenig Aufwand einzufangen und zurückzusperren.
Ganz anders sieht der Wunschzettel der Strauße aus. Ihr Stall muss großräumig sein, denn als Laufvögel brauchen sie viel Auslauf und lassen sich ungern einsperren. Zudem muss der Stall ein flexibles Torsystem und Abteile haben (falls Tiere separiert werden müssen). Auch der Rundlauf sollte möglich sein. Was ein Strauß dagegen fürchtet, sind enge Winkel; wenn er sich in die Enge getrieben fühlt, reagiert er panisch und kann Menschen schwer verletzen.
Vieles musste also bedacht werden. Da die Anforderungen an eine artgerechte Haltung im gemeinsamen Stall bzw. Gehege so komplex waren, nahm der Mundenhof Kontakt auf mit Zoos, die Erdmännchen halten und in letzter Zeit das Gehege umgebaut haben (Karlsruhe, Heidelberg, Basel, Zoo Leipzig, Zoo Zürich). Der Leiter des Tiergeheges besuchte einen Erdmännchen-Kongress und pflegte engen Austausch mit der Erdmännchen-Forschung der ETH Zürich.
Das Corona-Jahr 2021 war der Planung vorbehalten. Mit einem Entwurf der Zimmerei samt Kostenschätzung begann die Suche nach Sponsoren. Nebenher begannen der Mundenhof und sein Förderverein mit dem Einwerben gezielter Spenden. Die Bauzeit war dann kompakt. Im Juli 2022 wurde das Fundament gelegt, im Oktober begann der Hochbau, im November folgte das Rolltor. Anfang dieses Jahres konnte das Gerüst schon abgebaut werden. Letzte Gewerke wurden am Vortag der Eröffnung abgeschlossen.
Besonders stolz ist man nun auf dem Mundenhof darüber, dass die GärtnerInnen des Mundenhofes Vieles selbst geplant und gebaut haben, vom Rohrsystem mit Wurfhöhlen bis zum Dränbeton als Ausbruchsschutz. Das Mundenhof-Team hat grabfähige Spezialerde besorgt, das Gehege innen und außen eingerichtet und die Bepflanzung an das Thema Savanne angepasst. Die großzügigen Außenanlagen krönt nun eine Aussichtsplattform, die in verschiedene Richtungen Blicke auf die Straußenkoppel erlaubt. Ein bisschen an die Kalahari erinnert auch der großzügige Platz vor dem Gehege, mit Bänken, die in Termitenhügel eingebettet sind.
Auch in ihrem Bau finden die Erdmännchen ideale Bedingungen vor. Das großzügige, mit Löß-Sand-Gemisch aufgefüllte Innengehege ist beheizbar und geht bis zu 1,50 m in die Tiefe – ideal zum Graben. Dank einer großen Glasscheibe können Besucherinnen und Besucher das komplette Innengehege einsehen. Der ehemalige Uhustall ist indes den Tierpflegern vorbehalten. Durch bauliche Abtrennungen können hier einzelne Tiere relativ stressfrei gefangen werden. Hier gibt es Möglichkeiten zum Untersuchen und Verarzten der Tiere, genau so wie die Steuerungs- und Video-Anlagen.
Das Außengehege ist reich strukturiert. Unter einem großen Glasdach können die Erdmännchen im Winter und Regen im Trockenen sitzen. Ein Tunnelsystem erstreckt sich über die gesamte Anlage und umfasst auch den Übergang von innen nach außen (weil die Öffnungen klein gehalten sind, geht hier wenig Energie verloren). So stehen die Erdmännchen täglich vor der schweren Entscheidung: eigene Röhren graben oder die vorgefertigten Röhren nutzen?
Im Straußenstall gibt es keine Ecken und keine engen Winkel, die den Vögeln Stress bereiten könnten. Der Stall kann als Ganzes genutzt oder (dank flexibler Torsysteme) in Abteile getrennt werden. Die Tore sind Sonderanfertigungen und von einem sicheren Raum aus zu bedienen; das schützt die Tierpflegerinnen und Tierpfleger nicht nur während der Brunft, wenn die Tiere gefährlich werden können. Alle Durchlässe sind 3 m hoch, damit die Vögel gefahrlos hindurchschreiten können. (Bei Vogelgrippe gilt auch für Strauße Einstallpflicht, sobald die behördliche Anordnung erfolgt). Noch ein schönes Detail: Dank des Umbaus können die Strauße nun auch in ihrem Stall brüten. Damit die Energiekosten im Rahmen bleiben, wurde sein Dach gedämmt.
In den vergangenen Wochen ist bereits junges Leben in die neue Bude eingekehrt. Aus anderen Zoos kamen drei Erdmännchen – ein Weibchen und zwei Männchen, die Brüder sind. Malkia (was auf Swahili „Königin“ heißt) wurde im April 2022 geboren, die Brüder Mlezi („Wächter“) und Panzi („Heuschrecke“) feiern im Juni bereits ihren zweiten Geburtstag. Noch ist diese Gruppe also klein; auf dem Mundenhof soll daraus aber mal eine große Sippe werden. Der Anfang ist geglückt, die Familienzusammenführung verläuft bisher gut. Schon die erste Nacht haben die Erdmännchen gemeinsam in einer Schlafkiste verbracht. Malkia ist neugierig und zutraulich, sie klettert während der Stallreinigung manchmal sogar auf die Tierpflegerinnen. Ihre männlichen Artgenossen haben sich während der Eingewöhnung bereits als agile Ausbruchskünstler erwiesen; in den ersten Tagen in der Quarantänestation hinter den Kulissen begrüßte eines der Männchen seine Pflegerinnen schon mal im Gang der Quarantänestation, vor der Innenstalltüre.
Bei Familie Strauß sieht es etwas anders aus. Inzwischen leben fünf Strauße auf der Anlage: der Hahn Kito mit vier Hennen. Die Alt- Hennen heißen Trudy und Ruby. Neu hinzu kamen nun Kya („Diamant am Himmel“) und Themba („Hoffnung“); beide sind 2008 geschlüpft. Die neuen Hennen sind noch schüchtern und verunsichert. Die bestehende Gruppe hat sie bisher nicht mit offenen Flügeln empfangen – aber das Team der Tierpflege gibt sein Bestes, um die multilaterale Kontaktaufnahme nachhaltig zu fördern.
Bei der heutigen Eröffnung des neuen Stalls kamen auch die Kosten zur Sprache. Dabei betonten Susanne Eckert und Birte Boxler, die Leiterinnen des Mundenhofs, unisono: „Ohne die Bereitschaft des Fördervereins, die Hauptlast der Kosten zu übernehmen, wäre diese Anlage nie entstanden.“ Von den Gesamtkosten in Höhe von 580.000 Euro kamen zwei Drittel (über 380.000 €) vom Förderverein und ein Drittel (knapp 200.000 €) von der Stadt. Dabei haben die Gebäude mit Stallanlagen und Innengehege 480.000 Euro gekostet und das Außengehege der Erdmännchen 100.000 Euro, inklusive Ausbruchschutz am Boden, vorgefertigtem Rohrsystem mit Wurfhöhle, Termitenhügel, begehbarem Termitenhügel für Kinder, Betonmauern mit großem Glasfenster, Sitzbänken und Infotafeln.
Die Baufirma Gisinger spendete 50.000 Euro an den Förderverein und vermittelte den Kontakt zum Statikbüro Kienzler, das seine Arbeit unentgeltlich machte; in der Summe kamen somit, passend zu Gisingers 70-jährigen Firmenjubiläum, 70.000 Euro zusammen. Die Volksbank und die Sparkasse gaben jeweils 5.000 Euro. Zudem gingen beim Förderverein viele Kleinbeträge aus dem Spendenwürfel ein (während Corona war das Spendenaufkommen sehr hoch).
Seit über 50 Jahren unterstützt der Förderverein den Mundenhof. Anfangs wurden vor allem Tierkäufe und Tierställe finanziert, unter anderem auch schon der alte „Straußenstall“, den damals Mufflons und später Damwild bewohnten. Heute investiert der Förderverein nicht nur in den Bau und den Unterhalt von Gebäuden. Er fördert auch die pädagogische Arbeit im KonTiKi und übernimmt höhere Tierarztkosten. Ermöglicht wird dies durch großzügige Hilfen aus der Wirtschaft, aber auch weil viele Besucherinnen und Besucher die Spendenboxen auf dem Mundenhofgelände für einen kleines „Dankeschön“ nutzen. Konstanten Anstieg verzeichnet der Förderverein auch bei den Tierpatenschaften, die immer wieder gerne verschenkt werden, und bei seiner Mitgliederzahl.
Wer die Tiere des Mundenhofs unterstützen möchte, kann dies mit dem Abschluss einer Tierpatenschaft tun, zum Beispiel für die neuen Erdmännchen und die Strauße. Das geht ganz einfach über die Homepage foerderverein-mundenhof.de.